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Veröffentlicht am: Meldung

Vernetzung und Zusammenhalt

Das Jahr 2022 steht im Bundesprogramm "Gesellschaftlicher Zusammenhalt – Vor Ort. Vernetzt. Verbunden" ganz im Zeichen der Vernetzung: Die Vernetzung von Projekten, kommunalen Entscheidungsträgern, aber auch von Teilnehmenden der Projekte und der lokalen Gesellschaft in Stadt und Kommune ist eine der wichtigsten Wirkungen eines Bundesprogramms für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Spannend ist für das Bundesprogramm dabei die Frage, unter welchen Bedingungen der Zusammenhalt einzelner Gruppen den Zusammenhalt der Gesellschaft stärkt.

Ein wichtiger Begriff für die Beantwortung dieser Frage ist der des Sozialkapitals. Es liegt nahe zu vermuten, dass ein großes Netzwerk aus Bekanntschaften für Menschen wichtig ist, um ein gutes Leben zu führen. Die Forschung des Soziologen Stefan Bernhard legt aber nahe, dass allein die Größe eines Netzwerks noch gar nichts darüber aussagt, wie hilfreich dieses Netzwerk für eine Einzelne oder einen Einzelnen ist. Wichtig ist vielmehr, ob die Bekanntschaften, die man hat, einem auch Unterstützung zukommen lassen können. Er hat in seiner Forschung zu Geflüchteten zwischen Unterstützungs- und Verpflichtungsnetzwerken unterschieden. Abstrakt gesagt, hat man nur ein positives soziales Kapital, wenn die Menschen, die man kennt einem im Alltag oder im Notfall tatkräftig unterstützen können. Wenn man selbst immer nur unterstützend tätig werden muss und nichts zurückbekommt, hat man praktisch kein Sozialkapital. Sozialkapital beschreibt Beziehungen, die belastbar sind, von denen etwas gefordert werden kann, die sozusagen in Geld umgewandelt werden können. Eine Freundschaft ist nur Sozialkapital, wenn ich z.B. diese Freundin oder diesen Freund darum bitten kann, mir beim Umzug zu helfen.

Der Schritt vom lokalen zum gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt erfolgt über die Art des sozialen Kapitals, das in Projekten entsteht. Generell unterscheidet man zwischen zwei Arten des Sozialkapitals. Es kann von verbindendem ("bonding") und brückenschlagendem ("bridging") Sozialkapital gesprochen werden. Das verbindende Sozialkapital ist eingebettet in tief emotionale und durch gemeinsam verbrachte Lebenszeit geschmiedete Freundschaften, Gemeinschaften und Verwandtschaften. Das Brückenschlagen ist es dagegen, was eine Gesellschaft erst ausmacht. Gemeint sind damit die weniger emotional aufgeladenen Beziehungen, die sich im öffentlichen Raum, am Arbeitsplatz, im Wohnquartier etc. entwickeln können. Sie sind es, die die Möglichkeit eröffnen, Neues kennenzulernen und uns mit dem Fremden konfrontieren.

Die Mitarbeitenden von BGZ-Projekten sind somit Brückenbauerinnen und Brückenbauer, die die wichtige Aufgabe haben, einerseits die Netzwerke der Projektteilnehmenden so zu bereichern, dass sie zu Unterstützungsnetzwerken werden und andererseits die Übersetzungsleistung zwischen verschiedenen Bereichen der Gesellschaft (z.B. zwischen Staat und Zivilgesellschaft, zwischen kulturellen Gemeinschaften und zwischen Etablierten und Außenseitern) zu leisten, damit die Gesellschaft in all ihrer Vielfalt zusammenhalten kann. So können Brückenbauerinnen und Brückenbauer dabei unterstützen, dass z.B. Kontakte zwischen Migrantenselbstorganisationen und Verwaltung positiv verlaufen und zu einem Wachsen von gegenseitiger Anerkennung und Vertrauen führen.

Das BGZ betont, dass Zusammenhalt nur gut sein kann, wenn er die Vielfalt mitdenkt. Ein solcher Zusammenhalt braucht immer neue Brücken. Und das BGZ gibt den Brückenbauerinnen und Brückenbauern die Freiheit, um diese Brücken nach ihren Vorstellungen zu bauen.